25.01.2020 | Dr. Volker Knoop

Post-M&A-Prozessfinanzierung – Die Toolbox wächst

Allgemein, Standpunkt

Nach einem prächtigen Jahr 2018 hat sich die Stimmung am M&A-Markt 2019 eingetrübt. Steigende Target-Preise, problematische Übernahmefinanzierungen et cetera standen einer positiveren Entwicklung im Weg. Dennoch rechnen einige Branchen für 2020 wieder mit einer starken M&A-Aktivität. Aber die nächste Krise kommt bestimmt.

Mancher Berater mag die Gefahr pragmatisch sehen: Erlahmt das Beratungsgeschäft, werden viele Anwälte wieder zu Litigation-Spezialisten. Unternehmen werden ihre Geschäftsmodelle nicht so flexibel anpassen können. Sie werden (wieder) erkennen, wie verhältnismäßig selten M&A-Projekte den erwarteten Erfolg bringen.

Sobald die Ergebnisse deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben, folgen die Post-M&A-Konflikte. Unabhängig vom juristischen Fall zeigen sich psychologische Effekte, denn die Ursachen eines gescheiterten Projekts sieht man regelmäßig beim anderen – der Käufer beim Verkäufer und umgekehrt. So gut die Berater auch gearbeitet haben, der Streit um den endgültigen Kaufpreis oder die Garantien ist vorprogrammiert. Nun droht nach dem erfolglosen M&A-Projekt das nächste Fiasko, denn die meist großvolumigen Rechtsstreitigkeiten kosten viel Geld – oftmals Millionen. Und am Ende gewinnen dann etwa 50% der Kläger gegen 50% der Beklagten – oder man trifft sich schon früher bei etwa der Hälfte: „Split the baby.“ Selbst finanzkräftige Unternehmen stören sich an den bisweilen exzessiven Kosten der Post-M&A-Streitigkeiten.

Aber welchen Ausweg gibt es, die Kosten besser zu managen?

Ein Ausweg, den viele führende Kanzleien erkennen, ist die Prozessfinanzierung: Der Prozessfinanzierer übernimmt die Kosten gegen einen erfolgsabhängigen Anteil am Gewinn. Es ist noch nicht lange her, dass dieses Instrument eher verpönt war, weil die finanzstarke Mandantin „es gar nicht nötig“ habe. Inzwischen sehen Großkanzleien, Litigation- Boutiquen und ihre Mandanten dies anders. Prozessfinanzierung hat sich zum aktiven Risikomanagement- Werkzeug entwickelt: Man wälzt die Kosten nicht ab, weil man muss, sondern weil man will, weil keine Rückstellungen zu bilden sind oder die freien finanziellen Ressourcen für Projekte mit höherer strategischer Priorität eingesetzt werden können.

Welche Optionen ergeben sich in 2020?

  1. Verhandlungsbegleitung und Case Management

Neben modernen Finanzierungslösungen wie dem Portfolio-, Defense oder Seed-Funding bieten sich finanzierungsfremde Lösungen wie die (außergerichtliche) Verhandlungsbegleitung oder ein individuelles Case Management, das nicht nur auf den isolierten Prozesserfolg eines einzelnen Streits blickt, sondern sich auf eine kosteneffiziente Bearbeitung des gesamten Streitportfolios konzentriert. Mandanten profitieren dabei von dem „Value-Pricing“-Geschäftsmodell, denn der Prozessfinanzierer verdient nur dann, wenn der Erfolg für den Mandanten eintritt. Anders als die meisten Berater geht der Prozessfinanzierer ins eigene Risiko. So investiert die FORIS AG beispielsweise eigenes Geld und Zeit in die (nicht-juristische) Vorbereitung der Konfliktlösung, etwa durch Stakeholder- und Szenarioanalysen – übrigens keineswegs in Konkurrenz zu den Anwälten, sondern in enger Zusammenarbeit mit ihnen. Der Mandant zahlt nur, wenn feststeht, dass diese Vorbereitung ihr Geld messbar wert war.

  1. Prozessfinanzierungen werden günstiger – aber nicht für jeden

Durch den steigenden Wettbewerbsdruck werden 2020 großvolumige Prozessfinanzierungen eher günstiger für Mandanten. Im Segment unter 15 Mio. EUR Streitwert dürfte der typische Erlösanteil eines Prozessfinanzierers weiterhin um 30% pendeln. Die Preisstruktur wird abhängig vom Einzelfall (oder vom konkreten Streitportfolio) verhandelt. Günstig ist dieser individuelle Gestaltungsspielraum dabei vor allem für diejenige Seite, die sich mit ihren Optionen eingehend auseinandergesetzt hat.

Die Toolbox wächst – vor allem für gut informierte Mandanten.

Dr. Volker Knoop
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