30.11.2019 | Markus Fränkel

Alles wird digitaler … auch die Commercial Due Diligence!

Allgemein, Standpunkt, Digitalisierung

Die Digitalisierung hat nicht nur die Geschäftsmodelle von Unternehmen grundsätzlich verändert, sondern auch einen zunehmenden Einfluss auf Due-Diligence-Prüfungen im Rahmen von Unternehmenstransaktionen – insbesondere im kommerziellen Kontext.

Auf der einen Seite ist der Anteil reiner Digitalunternehmen in den Portfolios der Private-Equity-Gesellschaften in den letzten Jahren stark angestiegen, auf der anderen Seite sind traditionelle Unternehmen zunehmend digitalen Veränderungen und einem intensiveren digitalen Wettbewerb ausgesetzt. Diese digitalen Komponenten und Einflussfaktoren auf das Geschäftsmodell werden jedoch bei klassischen Unternehmen aus dem nicht-digitalen Umfeld im Rahmen von Commercial-Due-Diligence-Prüfungen heutzutage häufig sträflich vernachlässigt.

Dies führt unter anderem dazu, dass Marktattraktivität und Wettbewerbsumfeld falsch beurteilt, Wachstumsrisiken nicht erkannt und disruptive Veränderungen leichtfertig verkannt werden. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass zu Beginn einer jeden Commercial Due Diligence ein klares Verständnis für das Geschäftsmodell des Akquisitionsunternehmens gewonnen wird und digitale Prüfpunkte in den Prozess integriert werden, um die „digital readiness“ zu validieren.

Bei der Prüfung von reinen Online-Playern reicht es darüber hinaus nicht mehr aus, den klassischen Commercial Due-Diligence-Ansatz zu verfolgen, da die Unterschiede zu traditionellen Wertschöpfungsmodellen zu hoch sind. Neben einem „asset-light“ und hoch skalierbarem Geschäftsmodell haben reine Digitalunternehmen häufig eine viel stärkere internationale Ausrichtung, ein divergierendes Vertriebsmodell oder andere zugrundeliegende Bewertungsmethoden, um nur einige Faktoren zu nennen. Dies stellt neue Herausforderungen an die Beurteilung digitaler Unternehmen dar und erfordert andere Ansätze bei der kommerziellen Prüfung. So müssen Due-Diligence-Anbieter weitere digitale Module wie beispielsweise die Analyse der Online-Performance und der Sales Engine (u.a. Conversion Rates, CAC, CPC, Marketing KPIs wie SEO /SEA), der User Experience und Usability oder des Tech Stack und der IT-Infrastruktur/Technologien ergänzen, um eine vollumfängliche und adäquate Prüfung zu gewährleisten. Es entsteht eine neue Form der Prüfung – die Digital Commercial Due Diligence.

Im Rahmen dieser müssen insbesondere auch die Fragen der Zukunftsfähigkeit, technischen Skalierbarkeit und Nachhaltigkeit des digitalen Geschäftsmodells beantwortet werden. Des Weiteren spielen die internen Ressourcen und Kompetenzen des Managements sowie von IT-/ Software-Entwicklern (z.B. agile Entwicklungsmethoden) insbesondere aufgrund des „asset-light“Ansatzes bei digitalen Geschäftsmodellen eine entscheidende Rolle und dürfen bei der Prüfung nicht unterschätzt werden. Zur Prüfung digitaler Unternehmen bedarf es folglich einer Kombination aus traditioneller Commercial Due-Diligence-Erfahrung auf der einen und dem notwendigen digitalen Know-how auf der anderen Seite.

Es bleibt grundsätzlich festzuhalten, dass die Digitalisierung im Private-Equity-Umfeld künftig höhere Bedeutung gewinnt. Sowohl auf der Private-Equity- als auch auf der Beratungsseite ist es essenziell, digitale Kompetenzen aufzubauen und sich verstärkt an den digitalen Anforderungen auszurichten. Wer dies nicht verfolgt, wird zukünftig im Rahmen von Beteiligungs- und Due-Diligence-Prozessen vermehrt vor Probleme gestellt werden. Die Commercial Due-Diligence-Prüfung ist noch nicht am Ende der Entwicklung, sondern muss vielmehr um digitale Komponenten erweitert werden, um den aktuellen und zukünftigen Marktanforderungen gerecht zu werden. Die Zukunft gehört der Digital Commercial Due Diligence!

Autor
Markus Fränkel

Markus Fränkel ist geschäftsführender Gesellschafter von Bluemont Consulting – einer Strategie- und Transaktionsberatung für klassische und digitale Geschäftsmodelle. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung und war hierbei sowohl bei renommierten Managementberatungen wie A.T. Kearney als auch in der Industrie bei der Chokoladefabriken Lindt & Sprüngli tätig. Seine Beratungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Wertsteigerung, Digitalisierung, Wachstum, M&A und Transaktionsunterstützung. Insgesamt war Markus Fränkel in mehr als 100 Due Diligence Mandate und rund 200 Beratungsprojekte in unterschiedlichen Branchen und im digitalen Umfeld beteiligt.

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